Konsumenten agieren heute kanalübergreifend. Im Vertrieb geht es in erster Linie darum, die Zielgruppe zu verstehen. Wo hält sie sich auf und wie ist ihr Verhalten in den einzelnen Kanälen? Wer die Antworten auf diese Fragen kennt, kann seine Vertriebsstrategie darauf ausrichten. Dazu müssen vielfältige Daten und Informationen in Erkenntnisse umgewandelt werden. Dies gelingt mit Nutzung des Internet of Behaviors (IoB), also mit dem „Internet der Verhaltensweisen“. Doch ist dies ausschließlich nützlich oder auch eine ethische Gratwanderung?
Internet of Behaviors (IoB) – der Begriff erinnert an Internet of Things (IoT). Tatsächlich sind die beiden eng miteinander verknüpft. Das Internet of Behaviors ist die Weiterentwicklung des Internet of Things.
Was ist das „Internet der Dinge“?
Mit IoT wird ein Netzwerk von physischen Objekten bezeichnet, in die Sensoren, Software und andere Technologien eingebettet sind, um Daten zu erfassen und mit anderen Geräten bzw. Systemen über das Internet auszutauschen.
Mit dem verstärkten Einsatz von smarten Geräten im Alltag steigt auch die Nutzung des Internet of Things. Internetfähige Türklingeln, vernetzte Autos, intelligente Lautsprecher, Sicherheitssysteme und Fitness-Tracker sind nur einige IoT-Geräte, die mittlerweile im Alltag angekommen sind und die viele – auch technologisch nicht affine Menschen – täglich nutzen.
Auch in der Industrie und im Handel finden sich zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten, beispielsweise bei der Inventarerfassung, im Logistikmanagement und bei der Anlagensteuerung. Dies sind eigene Beispiele dafür, wie mit IoT digitale und vernetzte Prozesse unterstützt werden.
Wie funktioniert das „Internet der Verhaltensweisen“?
Mit dem Internet of Behaviors, dem „verlängerten Arm“ von IoT, werden Informationen über das Verhalten des Menschen offenbart. Es beschreibt die Vernetzung von Geräten, die Daten und wertvolle Einblicke in das Nutzererlebnis, Sucherfahrungen, Verhalten, Interessen, Vorlieben u.v.m. liefert. Beim Konzept des IoB geht es darum, menschliche Aktivitäten in einem verhaltenspsychologischen Kontext zu analysieren. Dabei ist die Nutzung von Big Data zur Verhaltensanalyse sehr nützlich.
Die Daten werden beispielsweise über sogenannte „Wearables“ (z.B. Smart-Watches) oder das Online-Verhalten gesammelt. Nutzt jemand beispielsweise eine Gesundheits-App, mit der er seine Ernährung trackt, aber auch sein Schlafverhalten, Laufverhalten etc. aufzeichnet, so kann die Anwendung Schlüsse über die Person daraus ziehen. Daraus können unter anderem Tipps abgeleitet werden, wie die Gewohnheiten positiv verändert werden können.
Um relevante Ergebnisse zu extrahieren, untersuchen Datenanalysetools Informationen über die Nutzenden. Danach werden die Daten mittels Verhaltenswissenschaft analysiert und es wird ein Verhaltensprofil erstellt. Mit dieser Basis lässt sich die Entscheidungsfindung beim Such- oder Kaufprozess z. B. mit dem Vorschlag eines neuen passenden Produkts beeinflussen. Dies geschieht unter anderem mit personalisierter Werbung. Diese ist perfekt auf das Verhalten der jeweiligen Konsumenten abgestimmt. Zusätzlich können weitere Parameter die Angebote noch genauer auf die Person zuschneiden. So lässt sich z. B. auch der Zeitraum anpassen, in dem sich die Person erfahrungsgemäß für gewisse Produkte interessiert. In der Zeit wird die Werbung ausgespielt und die Wahrscheinlichkeit für einen Kauf steigt.
IoB–Fluch oder Segen?
Für viele Unternehmen ist die zunehmende Entwicklung in Richtung „Internet der Verhaltensweisen“ sehr nützlich für ihre Aktivitäten im Marketing, Vertrieb und in der Produktentwicklung. Zum Beispiel Produkthersteller, die ihre Konsumenten im Detail verstehen, können gezielt auf deren Vorlieben eingehen und bessere Sales-Ergebnisse erzielen. Dies funktioniert auch im Marketing, beispielsweise auf Social Media. Anstatt sich allein auf Erfahrungswerte oder Annahmen zu verlassen, können Verantwortliche genau analysieren, welche Werbung funktioniert und den Content darauf ausrichten.
Was für Unternehmen einen erheblichen Mehrwert bedeutet, wird von Verbrauchern teils kritisch gesehen. Denn sämtliche Erhebung von Daten und Extraktion von Erkenntnissen wirft früher oder später Fragen zu den Themen Datenschutz, Ethik und Vertrauen auf. Dabei besteht die Gefahr, dass Daten für falsche Zwecke missbraucht werden. Allerdings ist dies in Regionen, die hohe Datenschutzrichtlinien haben – wie in der EU – unwahrscheinlich. Dennoch möchte der Mensch nicht das Gefühl der Manipulation, sondern der freien Entscheidung im Kaufprozess haben. Trifft er gefühlt „zufällig“ auf Produkte, die perfekt zu ihm passen, entsteht ein positiver Effekt. Fühlt er sich jedoch „verfolgt“ und beeinflusst, kann der gegenteilige Effekt und eine Abwehrhaltung entstehen. Daher werden die IoB-Techniken immer weiter ausgefeilt, so dass der Verbraucher keine offensichtliche Beeinflussung wahrnimmt und sich frei fühlen kann.
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