„Topsharing“ bringt mehr Frauen in Führungspositionen

Topsharing

Zwei Führungskräfte teilen sich ihre Aufgaben und Verantwortlichkeiten sowie die Arbeitszeit. Für viele Menschen, die im Management arbeiten, ist das eine attraktive Vorstellung. In der Ar­beitswelt etabliert sich daher zunehmend ein Modell in Führungsebenen, das sich „Topsharing“ oder „Shared Leadership“ nennt. Doch kann das funktio­nieren? Wer entscheidet letztendlich und was sagen die Mitarbeitenden? Ist dieses Konzept eventuell geeignet, um die Chancen­gleichheit zwischen Mann und Frau zu fördern?

In deutschen Führungsetagen ist das Prinzip von Co-Leadership mittlerweile häufiger als vermutet anzutreffen. Dies hat unter anderem personalpolitische Gründe und ist Ausdruck eines steigenden Mangels an qualifizierten Fach- und Führungskräften. Nach Expertenansicht nutzt Topsharing ins­besondere das Potenzial bei Frauen, die sich beruflich engagieren möchten. Viele Arbeitnehmer­innen können allerdings familiärbedingt nur in Teilzeit arbeiten. Was im Berufsalltag auf unteren Unter­neh­mensebenen keine Besonderheit mehr darstellt, war auf der Führungsebene jedoch noch lange Zeit die Ausnahme.

Topsharing bedeutet: Gemeinsame Verantwortung – unterschiedliche Aufgabengebiete

Die gängigste Ausprägung von Topsharing ist hybrider Natur. Das bedeutet, dass zwei Personen, die unterschiedliche Erfahrungen und Kompetenzen einbringen, sich eine Management-Position teilen. Die Aufgaben­gebiete werden informell aufgeteilt, wobei idealerweise die jeweiligen Stär­ken berücksichtigt werden. Für sämtliche Aufgaben tragen beide Personen jedoch gemeinsam die Verantwortung.

Topsharing kann aber nur dann erfolgreich umgesetzt werden, wenn sowohl Vorgesetzte als auch Mitarbeitende das Konzept akzeptieren. Das Führungs-Duo sollte die gleiche Sprache sprechen und nach außen stets geschlossen auftreten. Andernfalls besteht die Gefahr, dass die beiden Führungskräfte gegeneinander ausgespielt werden – von Vorge­setzten und Mitarbeitenden, aber auch von Kunden. Beide sollten daher immer im Austausch sein und sich detailliert abstimmen.

Bei der Aufteilung der Arbeitszeit haben sich zwei Modelle etabliert: die horizontale und die vertikale Ebene. Bei der horizontalen Ebene wird der Arbeitstag zweigeteilt. Das heißt, eine Führungskraft ist für die erste Tageshälfte verantwortlich, die andere für die zweite. Wird die vertikale Ebene bevorzugt, so wird die zu leistende Arbeit nach Tagen getrennt. In der Praxis bedeutet dies beispielsweise für jede Führungskraft 2 1/2 Tage Arbeit pro Woche im Büro oder Home-Office sowie eine Übergabe am Mittwoch.

Co-Leadership fördert die Chancengleichheit

Die „geteilte Führung“ gilt als wesentlicher Schritt zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, da es unter anderem den Wiedereinstieg in Führungs­positionen nach familiären Auszeiten erleichtert. Unternehmen, die dieses Modell praktizieren, stellen sich also familienfreundlich auf und wirken beispielsweise der allgemeinen Einschätzung und Sorge entgegen, dass der Gang in die Elternzeit gleichbedeutend mit einem „Karriereknick“ ist.

Noch im Jahr 2019 war in Deutschland laut „Statistisches Bundesamt“ weniger als jede dritte Führungsposition mit einer Frau besetzt – und das obwohl Frauen circa 47 Prozent der Erwerbs­tätigen stellen. Die ungleiche Verteilung rührt auch daher, dass traditionell viele Frauen die Betreuung ihrer Kinder oder pflegebedürftigen Eltern übernehmen und deshalb oftmals nur in Teilzeit arbeiten können. Führung in Teilzeit sahen viele Arbeitgeber allerdings nicht als mögliches und erstrebenswertes Arbeitsmodell an. Hier hat mittlerweile ein Sinneswandel stattge­funden.

Topsharing ist somit geeignet, Frauen den Einstieg in Führungspositionen zu erleichtern. Da sich aber zunehmend auch Männer geringere Arbeitszeiten wünschen, um Berufs- und Privatleben besser miteinander vereinbaren zu können, wird Topsharing ebenso für männliche Führungs­kräfte zunehmend interessant.

Bessere Arbeitsqualität und mehr Lebensqualität

Das Modell Topsharing bietet sowohl Arbeitgebern als auch Arbeitnehmern viele Vorteile. Durch das Vier-Augen-Prinzip können beispielsweise zuverlässiger Fehler vermieden werden. Durch den Austausch der beiden Führungskräfte ist zudem stets ein anderer Blickwinkel und damit mitunter eine zweite Meinung gegeben. Entscheidungen können so direkt auf der Führungsebene reflek­tiert werden. Die geteilte Führung hat für Unternehmen noch einen weiteren Vorteil: Ist eine Führungsperson im Urlaub, kann die andere sie kompetent vertreten. Das gilt auch für wichtige Meetings. Die Arbeitseffizienz kann dadurch dauerhaft hoch gehalten werden.

Unternehmen, die ein solches Modell anbieten, präsentieren sich gleichzeitig als attraktive Arbeitgeber. Für den Topsharer bedeutet die reduzierte Arbeitsstundenzahl in der Regel mehr Lebensqualität, was auch der Ge­sundheitsvorsorge in die Karten spielt. Führungskräfte können mit dem Modell also an individuel­ler Freiheit gewinnen, während die Unternehmen wahrschein­lich von zufriedeneren und damit leistungsfähigeren Mitarbeitenden profitieren. Denn die Entlastung auf Führungsebene bedeutet im Idealfall auch ein angenehmeres Klima auf allen Ebenen.

Topsharing könnte somit ein Arbeitsmodell der Zukunft sein. Zwei Führungspersonen teilen sich eine Stelle, bringen aber die doppelte Kompetenz ins Unternehmen. Neben Kompetenzvielfalt, Chancengleichheit und dem Agieren auf Augenhöhe führt Topsharing zu einer besseren Work-Life-Balance, denn es lässt mehr Zeit für Familie und Hobbys – aber auch für Weiterbildung.

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