Im Interview: Cliff Simon, Geschäftsführer netclusive GmbH

Cliff Simon

Cliff Simon spricht über Potenziale und zukünftige Entwicklungen des Internets und seiner Anwendungen. Außerdem gibt er Einblicke, wie er das Netz nutzt – beruflich, aber auch privat.

 

Wenn Sie sich an Ihren ersten Kontakt mit dem Internet erinnern – wann war er und wie/was war der Kontakt?

Das war in den 90er Jahren, als das „neue Ding“ Internet gefühlt nur aus Chatten bestand. Im AOL-Chat war ich Dauergast und dort habe ich mit meinen Freunden Nacht um Nacht verbracht – denn tagsüber gab es immer Diskussionen mit den Eltern, wenn die Telefonleitung stundenlang vom Internet blockiert war. Es folgte ICQ, das ich heute immer noch mit der ersten ICQ-Nummer nutze. Mit den stabileren Verbindungen folgten Onlinegames, wie zum Beispiel Counter-Strike.

 

Wieviel Zeit verbringen Sie heute am Tag bzw. in der Woche mit dem Internet und wie wichtig ist es für Sie privat? Wie sieht Ihr Lebensalltag mit dem Internet aus?

Beruflich brauche ich das Internet natürlich den ganzen Tag, da ist es nicht mehr wegzudenken. Privat nutze ich das Internet eher selektiv: Ich lasse mir News aus der Politik und dem Sport per App aufs Handy schicken. Per Mail oder über verschiedene Messaging-Dienste bin ich fast immer erreichbar, auch wenn in letzter Zeit vermehrt Zweifel aufkommen, ob die ständige Erreichbarkeit tatsächlich so gut ist. Hier überschneiden sich berufliche und private Anwendungen häufig. Onlineshopping ist mittlerweile fester Bestandteil meines Alltags und wenn es die Zeit zulässt, entspanne ich gerne bei Serien per VoD. Dennoch versuche ich bewusst die Medien und Kanäle zu drosseln und nutze beispielsweise Facebook seit einigen Wochen kaum noch. Während ich bis vor Kurzem viele freie Minuten darauf verwendet habe, nur kurzzeitig lustige Videos zu sehen oder mich über den Populismus Einzelner geärgert habe, stelle ich immer häufiger fest: Mir fehlt Facebook nicht mal ansatzweise.

 

Was genau macht Ihr Unternehmen, welche Services erbringen Sie und was hebt Sie von Ihren Mitbewerbern ab?

In erster Linie decken unsere Produkte das Standard-Portfolio eines Hosters ab. Natürlich bieten wir klassisches Hosting, Domainservices, Rootserver und Managed Server sowie Lösungen für den eCommerce. Dazu gesellen sich ganz praktische Anwendungen wie ein Cloud Backup oder der Homepage Designer.

Vom Wettbewerb grenzen wir uns über unsere Philosophie von Managed Services bzw. Managed Hosting ab: Wir analysieren sehr genau die aktuelle und zukünftige Situation unserer Kunden, schauen dabei gerne über den Tellerrand hinaus und konzipieren gemeinsam mit unseren Kunden individuelle Lösungen, die sich in erster Linie an dessen Bedarf orientieren. Wir verstehen uns nicht als Anbieter von der Stange, sondern als Schneider des Maßanzugs. Das mag nicht immer der preisgünstigste Anzug sein, dafür aber der, der kurz-, mittel- und langfristig einfach am besten passt, nicht zu groß ist und nicht zwickt. Und um das Bild abzurunden: Wir legen hohen Wert auf ausführliche Beratung unserer Kunden und wählen unsere Stoffe und Werkzeuge streng nach Qualität aus.

Weiterhin unterscheidet uns vom Wettbewerb, dass viele Unternehmen den Spagat zwischen individuellen Lösungen und mittleren oder kleinen Projektgrößen nicht schaffen. Die großen Anbieter können alles und entwickeln alles individuell, aber da muss ein Projekt auch die entsprechende Größe haben. Die ganz Kleinen sind nicht breit genug aufgestellt und Massenhoster haben nur Standard. Das heißt, es entsteht ein riesiger Pool an Kunden, denen andere Anbieter entweder zu teuer sind oder zu viel Standard anbieten. Genau hier haben wir unsere Nische gefunden und eröffnen für kleinere und mittlere Kunden/Projekte den Weg zur maßgeschneiderten Lösung.

 

Forscher der Aston University in Birmingham gehen davon aus, das das Internet in 2023 aufgrund der immer steigenden Nutzerzahlen und der immensen Datenmengen komplett überlastet und möglicherweise sogar zusammenbrechen wird. Wie sehen Sie die Entwicklung und die Möglichkeiten des Internet in den nächsten 10 Jahren?

10 Jahre sind – gemessen an der Innovationsgeschwindigkeit des Internets – eine extrem lange Zeit. Da fällt es schwer, eine Prognose abzugeben. Die Datenmengen werden durch mehr Nutzer und größere Applikationen steigen, das ist ein ganz normaler Prozess. Betrachtet man die Entwicklung der letzten Jahre, zum Beispiel die Bandbreiten der Internetanschlüsse oder die Anzahl der Smartphones und WLANs, wird es auch künftig so weitergehen. Theoretisch ist eine Überlastung denkbar, aber man wird immer wieder Wege finden, diese zu vermeiden – denn dafür ist das Internet zu wichtig und in zu vielen Bereichen unverzichtbar.

Das Modell der festen Arbeitsplätze wird sich schon in den nächsten Jahren überholen, denn deutlich mehr Menschen werden orts- und zeitunabhängig online arbeiten. Das Home Office bzw. das Mobile Office wird noch alltäglicher als es heute schon ist. Aus unternehmerischer Sicht wünsche ich mir selbstverständlich, dass Server, Storage usw. schon in nächster Zukunft nicht mehr lokal, sondern dezentral stehen.

Der stationäre Handel wird es immer schwerer haben, wenn er sich nicht den neuen Gegebenheiten anpasst und eine ausgewogene Mischung aus On- und Offline-Aktivitäten findet. Es gibt bisher nur wenige Anbieter, die sich den Herausforderungen der digitalen Transformation gestellt und einen erfolgsversprechenden Weg eingeschlagen haben.

 

Wie glauben Sie, wie wird sich das Internet und die Technologie rundherum in den nächsten 10 Jahren entwickeln? Was wird es uns allen für Vor- oder auch Nachteile bringen? Welche Zukunftsvisionen werden vielleicht Wirklichkeit?

Ich bin überzeugt, dass das Internet of Things herrschend wird und sehe dieser Entwicklung mit Spannung und Vorfreude entgegen. Geräte werden steuerbar und entwickeln eine gewisse Intelligenz, das sind für mich sehr spannende Themen – auch wenn Überlegungen zur Abgrenzung meiner persönlichen Daten mitschwingen. Ich bin zuversichtlich, dass wir dafür Lösungen erarbeiten werden und freue mich darauf, dass ich morgens keinen Kaffee kochen muss, weil die Maschine weiß, wann ich einen Kaffee möchte und diesen weitestgehend autark brüht.

Neuem gegenüber bin ich sehr offen eingestellt und wenn es die Möglichkeit gibt, dass Zahnpasta ohne mein aktives Zutun rechtzeitig neu bestellt wird – warum sollte ich mich dagegen wehren?

Außerdem beobachte ich das Riesenthema Autonomes Fahren mit großem Eifer. Ich bin gespannt, welche bisherigen Marktteilnehmer sich in diesem Markt behaupten können und welche neuen Player dazustoßen werden. Zwar würde es mir schwerfallen, die Kontrolle über mein Auto aus der Hand zu geben, aber ich vertraue darauf, dass das Autonome Fahren einen guten Beitrag zu mehr Sicherheit und weniger Behinderungen im Straßenverkehr leisten kann.

Ich betone aber, dass ich bei aller Vorfreude auf zukünftige Entwicklungen stets dafür plädiere, eine gesellschaftliche Verantwortung zu etablieren, dass die riesigen Datenmengen mit Verstand, Sinn und Maß sowie in den richtigen Händen genutzt werden.

 

Wenn Sie abends von der Arbeit nach Hause kommen oder das Wochenende genießen möchten. Wobei können Sie besonders gut abschalten vom Internet, vom täglichen Business und vom Stress?

Der Nachwuchs hält einen auf Trab und diese Familienzeit möchte ich so bewusst wie möglich erleben. Das sind die Momente, in denen ich die Überall-Verfügbarkeit des Internets sehr gut abschalten kann. Ansonsten entspanne ich am liebsten vor dem Fernseher und sehe mir meist kürzere Sendungen wie Serien oder Dokumentationen an … bei langen Filmen schlafe ich ein.

 

Ohne Ihren Job zu berücksichtigen: Können Sie sich ein Leben ohne das Internet vorstellen und warum?

Meine zweigeteilte Antwort: Vorstellen? Ja! Möchte ich es? Nein! Es gibt zu viele Dinge, an die ich mich einfach gewöhnt habe, die ich nicht mehr missen möchte. Sicher, es würde klappen und wäre ein interessantes Experiment mit mir, aber es gäbe mir zu viele Einschränkungen. Das beste Beispiel: Ich fahre nicht gerne in die Innenstädte, um dort einzukaufen. Wenn ich alle Klamotten im Laden kaufen müsste – nein, danke. Die Zeit nutze ich lieber anders.

 

Wenn Sie die berühmten drei Wünsche frei hätten – wie würden diese lauten?

An erster Stelle Gesundheit für meine Familie, Freunde, Kollegen und mich – ohne die ist vieles nichts wert. Dann hätte ich gerne mehr Zeit und weniger Erreichbarkeit, besonders seitdem unser Nachwuchs da ist. Zuletzt wünschte ich mir, ich könnte manchmal besser „nein“ sagen bzw. dass ein Gegenüber ein begründetes Nein nicht als reine Ablehnung, sondern als Auftakt einer konstruktiven Auseinandersetzung empfindet.

 

Das Interview fand in Kooperation mit www.webhostlist.de statt.

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