Customer-Journey verfolgen: Mehr als nur Cookies

Customer-Journey

User hinterlassen auf Websites, die sie besuchen, ihre digitalen Spuren. Tracking-Cookies verfolgen diesen Weg und zeichnen dabei das Nutzerverhalten auf. Die “virtuellen Kekse” sind sehr kleine Text­dateien, die Aufzeich­nungen über besuchte Websites enthalten. Diese Daten er­höhen das Verständnis für die Customer-Journey – also die einzelnen Zyklen, die ein Kunde bis zur Kaufentscheidung durchläuft. Doch wie aufschlussreich sind diese quantita­tiven mathe­matischen Daten wirklich und wie lässt sich die „Reiseroute“ des Kunden außer­halb von Cookies mit qualitativen Methoden noch besser erfassen?

Beim Surfen durch das Internet treffen wir sie immer wieder: Internet- bzw. Tracking-Cookies. Technisch gesehen sind Cookies kleine Textblöcke, die der Server an den Browser sendet und später wieder zurückerhält, um sie zu verwenden. Beim ersten Besuch einer Website erhält der User ein Cookie mit einer eindeutigen Kennnummer und bei jedem weiteren Seitenaufruf kann der Server ihn daran wiedererkennen. Seit Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) im Jahr 2018 muss ein Nutzer die Cookies allerdings nicht mehr akzeptieren und kann diese ablehnen beziehungsweise löschen.

Cookies schaffen Erinnerungen

Damit die User-Experience einwandfrei funktioniert, sind Cookies erforderlich, da ohne sie beispielsweise der Einkauf im Warenkorb immer verschwinden würde, wenn eine neue Seite aufgerufen wird. Shops und Websites „erinnern“ sich somit an den Besucher, denn ein Cookie speichert den Besuch nicht nur auf der Festplatte des Nutzers, sondern durch die Übermittlung auch auf dem Server des Seitenbetreibers. Unternehmen können auf Grund dessen ein bestimmtes User-Verhalten ableiten und Daten sowie Parameter des Nutzers sammeln, die bei dessen erneutem Besuch auf der Website wieder nutzbar sind.

Die Schwachstellen der quantitativen Daten

Doch welche Rückschlüsse lassen sich über die herangezogenen Daten wirklich ziehen? Ein großer Teil dieser Daten ist rein quantitativer Natur und bricht die Erkenntnisse zum Kunden­verhalten auf einen mathematischen Durchschnitt herab. Wer jedoch die komplette Reiseroute des Kunden nachvollziehen möchte, der muss den Menschen mit seinen Erwartungen und Gedanken sowie Emotionen verstehen und diese Informationen kann kein „magisches Plätzchen“ hervorbringen.

Um das Kundenverhalten wirklich zu durchdringen, sollten sich Fragen stellen wie: War der Kunde zufrieden mit dem Produkt? Warum hat er den Shop besucht und wieder verlassen? Bevorzugt er einen anderen An­bieter? Diese und ähnliche Fragen werden von einem Cookie nicht erkannt und beantwortet, denn die subjektive Wahrnehmung wird bei einer mathematischen Erhebung nahezu völlig außer Acht gelassen. Da­her muss der Unternehmer neben den quantitativen auch die qualitativen Daten berücksich­tigen.

Qualitative Daten innerhalb der Customer-Journey

Grundsätzlich sollte die komplette Customer-Journey berücksichtigt werden. Diese beginnt beim ersten Kontakt mit einem Produkt, einer Marke oder einem Unternehmen und endet mit einer definierten Handlung wie einem Kaufabschluss. Bei der „Kunden­reise“ sollten sämtliche Touchpoints – von der Bedürfnisweckung über die Informations­suche bis hin zur letztendlichen Zielhandlung und den anschließenden Maßnahmen zur Kundenbindung – berührt werden.

Qualitative Methoden unterstützen Unternehmen, die Customer-Journey und das Kaufverhalten des Kunden analysieren zu können. Es steht hierbei nicht im Fokus, bestehendes Wissen zu bestätigen, sondern neue Informationen zu erhalten, um beispielsweise Produkte oder Prozesse zu verbessern, neue zu entwickeln und viele weitere Handlungsansätze zu finden.

Die qualitativen Methoden lassen sich in unterschiedliche Kategorien einordnen:

Den Kunden stets im Blick durch Beobachten

In erster Linie sollte das Unternehmen seinen Kunden kennenlernen und dies kann durch gezieltes Beobachten erfolgen. Dabei kann die Beobachtung durch offene Kommunikation oder verdeckt – unter Berücksichtigung rechtlicher Vorgaben zur Privatsphäre – erfolgen. Digitale Varianten zur Beobachtung sind beispielsweise Usability-Tests, Mensch-Maschine-Interaktionen und Session-Recording.

Usability-Test

Die besten Ergebnisse liefert ein Test mit mehreren Probanden. Die User besuchen die Website und lösen dort diverse Aufgaben wie beispielsweise gewünschte Informationen zu finden. Im Anschluss werden die Teilnehmer zur Nutzung der Seite befragt. Parallel dazu können mittels Eye Tracking die Fokuspunkte der Seite herausgefiltert werden. So sieht der Shop-Betreiber, wofür der Besucher sich interessiert und welche Bereiche die meiste Aufmerksamkeit erhalten. So können Schwachstellen entdeckt werden, die vorher nicht aufgefallen sind.

Mensch-Maschine-Interaktionen

Ein positives Kundenerlebnis wird immer mehr zu einem wichtigen Faktor für die Kundenzufrie­denheit und die Qualität von Produkten und Serviceleistungen. Maschinen eine Intelligenz zu ver­leihen, kann einen entscheidenden Mehr­wert für das Kundenerlebnis bieten. Unter­nehmen sollten daher neue Technologien wie das Internet der Dinge, künstliche Intelligenz und maschi­nelles Lernen für die Beobachtung des Kunden einsetzen. Einzelhändler können virtuelle Umgebungen nutzen, um Kunden live Erfahrungen mit Produkten sammeln zu lassen oder Bots für den Kundenservice einsetzen und die Interaktionen des Kunden messen.

Session-Recording

Ein weiteres Mittel, um den Kunden besser zu verstehen, ist Session-Recording. Im Zuge dessen werden einzelne Sitzungen der Besucher einer Website aufgezeichnet. Anhand der Mausbewe­gungen und Klicks der Nutzer kann festgestellt werden, wie diese mit der Webseite interagieren. Es lassen sich somit die zentralen Punkte der Customer-Journey auf der Seite erkennen und das Nutzer­verhalten ermöglicht Erkenntnisse zur Gestaltung und Benutzerfreundlichkeit der Internetseite.

Nutzerverhalten durch Einzelfallstudien messen

Da sich Verhaltensweisen und Ansichten im Laufe einer Zeit verändern können, sollten auch langfristige Beobachtungen bei der qualitativen Methodik eine Rolle spielen. So kann beispiels­weise in Einzelfallstudien eine spezielle Person oder ein Personenkreis über einen längeren Zeit­raum begleitet werden. Diese gezielten Studien werden typischerweise für außerordentliche Gruppen (z.B. Nutzer mit Einschränkungen oder besonderen Bedürfnissen) eingesetzt, um daraus Erkenntnisse für diesen Personenkreis sowie für den Normalnutzer zu gewinnen.

Den Menschen in seiner natürlichen Umgebung bewerten

Am besten lassen sich das Bedürfnis und Verhalten des Kunden nachvollziehen, wenn dieser sich innerhalb seines natürlichen Umfeldes bewegt. Der Nutzer fungiert als Experte, der Forschern einen Einblick in die natürliche Sicht der Dinge gewährt. Dabei können Ethnographische Unter­suchungen unterstützen: Sie zielen darauf ab, alltägliche Situationen, Aktivitäten und Beziehungen sowie Interaktionen und Prozesse möglichst detailliert aufzuzeigen. Im Zuge dessen werden unterschiedliche qualitative Methoden wie Beobachtung, Selbstdokumentation und Interviews meist in Kombi­nation eingesetzt. Hier wird bewusst eine künstliche Testsituation vermieden. Der Kunde soll sich in einer alltäglichen Situation und Umgebung befinden – dies kann z.B. zu Hause, im Büro oder im Einkaufzentrum sein.

Verbale Methoden einsetzen

Eine weitere qualitative Methode, um Rückschlüsse auf das Nutzerverhalten ziehen zu können, ist der Einsatz von Interviews und Fokusgruppen. Dabei können beispielsweise strukturierte und unstrukturierte Interviews mit Kunden und Mitarbeitern sowie Lieferanten oder anderen Ziel­gruppen geführt werden. Es sollten seitens des Moderators einfache Gesprächshaltungen und -techniken wie eine offene Körpersprache, Vermeidung von Suggestiv-Fragen, entsprechende Mimik und Gestik be­achtet werden. Diese Interviews können beispielsweise auf Messen, im Gespräch des Support-Teams mit den Kunden, Veranstaltungen, am Offline-PoS und überall dort, wo Unternehmen auf bestehende und potenzielle Kunden treffen, durchgeführt werden. Neben der Befragung von Kunden ist es außerdem sinnvoll, weitere zielgruppenspezifische Teilnehmer zu finden.  

Des Weiteren können Online-Umfragen über Marktforschungsinstitute oder selbst durchgeführt über Social-Media-Kanäle und Foren sowie Newsletter eingesetzt werden.

Fazit

Die Customer-Journey bis zum Kaufabschluss enthält zahlreiche Stationen, die es zu (er)kennen gilt. Nimmt das Unternehmen die Kundenper­spektive ein, so entstehen beim Durchspielen des gesamten Prozesses vom Erstkontakt bis zum Verkaufs­abschluss wertvolle Erkenntnisse für die Marketing-Strategie. Es gibt zahlreiche qualitative Methoden, die Unternehmen dabei unter­stützen. Bei der Umsetzung empfiehlt sich ein Mix aus verschiedenen Methoden und Daten, sodass ein möglichst detailliertes Nutzerverhalten ableitbar ist.

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