Co-Living: Wenn WG zum Life- and Workstyle wird

Co-Living

Sie war bisher primär ein Interimsmodell für Studenten, die auf ihren Geldbeutel achten mussten: Die klassische WG. Nun etabliert sich ein neuer Trend, der mit der gemeinschaftlichen Studentenbude nur noch wenig gemein hat. Der neue Wohntrend Co-Living ist eine Mischung aus Arbeits- und Wohngemeinschaft. Insbesondere in Europa und den USA zieht es immer mehr Menschen in dieses Wohnmodell, das auf eine komfortable und inspirierende Weise eine neue Form von WG interpretiert. Es ist der Spiegel der zunehmenden Entwicklung in der Gesellschaft: Frei, mobil und flexibel leben und arbeiten und gleichzeitig vernetzt und im Austausch sein. Und das alles auf einem ziemlich hohen Niveau …

Der Digitalnomade lebt und arbeitet heute in Berlin, morgen in München und in zwei Wochen vielleicht in Kopenhagen. Diese Generation ist vertraut mit Konzepten wie Airbnb und daher auf der ganzen Welt zuhause. Die neue Wohn­gemeinschaftsform Co-Living passt sich dem Zeitgeist und der damit verbundenen modernen Arbeits- und Lebenswelt an.

Was ist die Philosophie hinter Co-Living?

Co-Living vereint die Bereiche Wohnen, Arbeiten und Freizeit unter einem Dach. Immer mehr Menschen können heute ortsunabhängig arbeiten und finden in Co-Living die optimale, moderne Form zu wohnen. Eine derartige Wohnung verfügt sowohl über private Zimmer als Rückzugsorte als auch über inspirierende Gemeinschaftsbereiche. Sie ermöglicht den jungen Generationen bzw. Millennials ein kreatives und buntes Leben.

Diese moderne WG-Form ist besonders in Großstädten beliebt, in denen die Mietpreise förmlich explodieren. Die Bewohner einer solchen WG müssen dadurch nicht auf den Luxus einer groß­geräumigen Wohnung verzichten. Wohngemeinschaften nach dem Co-Living-Prinzip weisen hohe Standards auf, ihre Bewohner sind berufstätig und verfügen in der Regel über ein höheres Einkommen.

Statusdenken spielt jedoch beim Co-Living keine große Rolle – jedenfalls, was das Auto anbetrifft. Der eigene Wagen gilt sogar eher als verpönt. Das Verkehrschaos in den Großstädten oder auch die aktuelle Klimaprotestbewegung begünstigen diese Einstellung. Vielmehr wird der öffentliche Nahverkehr genutzt oder auch Wert auf ein erstklassiges Fahrrad gelegt, welches schnell auch zum Prestige-Objekt werden kann.

Millennials zeigen sich in der Regel neuen Trends gegenüber aufgeschlossener als ihre Vorgänger-Generationen. Sozialforscher unterstreichen, dass es die Millennials nicht mehr ins Reihenhaus und auch nicht ins Eigenheim mit Garten zieht. Begünstigt durch die technologische Entwicklung haben sich Wohn- und Arbeitsprioritäten verschoben. Anonyme Schlafquartiere sind nicht mehr gefragt. Vielmehr wird der Austausch mit Gleichaltrigen und Gleichgesinnten gesucht.

Geselligkeit und Privatsphäre in Kombination

Der Co-Living-Trend zollt den gesellschaftlichen Veränderungen Tribut. Längst hat die Küche das Wohnzimmer als Nabel des Wohnens abgelöst. Die Zeiten des gemeinsamen Fernsehens sind vorbei, die riesigen Sofa-Landschaften im traditionell größten Zimmer der Wohnung werden heute seltener genutzt. Auch die prall gefüllten Bücher- und CD-Regale werden in Zeiten von Internet und E-Readern immer seltener aufgesucht. Der Millennial lädt seine Literatur auf den E-Reader herunter, streamt seine Lieblingssongs auf Spotify und hat sein Laptop oder Tablet aufgeklappt auf dem Küchentisch platziert. Waren früher Couch oder Sofa Lebensmittelpunkt ist es heute der Tisch, um den sich alles schart und bewegt.

Auch wenn junge Menschen die Gemeinschaft lieben, gern gemeinsam diskutieren, kochen, feiern, Sport treiben und sogar arbeiten – sie benötigen trotzdem Privatsphäre. Schalloptimierte Räume sorgen für die nötige Ruhe und schaffen einen Bereich für die eigene, ungestörte Lebensführung. Auch eigene Toiletten sind bei Co-Living-Modellen keine Seltenheit.

Welche Auswirkungen hat Co-Living auf die Arbeit?

Neben den Faktoren Finanzierung und Geselligkeit kommt besonders dem Faktor Kreativität große Bedeutung zu. Waren die typischen Studenten-WGs aus Kostengründen oftmals reine Zweckgemeinschaften, vernetzt man sich beim Co-Living mit seinen Mitbewohnern und tauscht Ideen aus. Viele Co-Living-Objekte bieten die Möglichkeit, Wohnen und Arbeiten zu kombinieren. Speziell eingerichtete Office-Bereiche und flächendeckend verfügbares WLAN können das Arbeiten von zu Hause ermöglichen. In solchen Fällen wird Co-Living mit Co-Working kombiniert. Die WG-Bewohner können sich zudem gemeinsamen Projekten widmen. So manches Start-up  wurde schon mit dem Tablet auf der heimischen Couch und im angeregten Diskurs mit Mitbewohnern auf den Weg gebracht.

Ausblick

Die Nachfrage nach Co-Living ist weltweit so groß, dass immer mehr Anbieter entsprechende Konzepte entwickeln. Auch für Immobilieninvestoren könnten sich interessante Möglichkeiten ergeben. Der amerikanische Immobilienberater Cushman & Wakefield hat 2019 eine Studie veröffentlicht, die besagt, dass sich der Anteil an Single-Haushalten in Deutschland bis zum Jahr 2035 von 42 auf 44 Prozent erhöhen wird. Viele Singles suchen die Gemeinschaft, womit auch der Bedarf nach Co-Living-Modellen steigen könnte.

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