Abzocke mit „Voice Cloning“ – Wenn KI die Stimme klont

Voice Cloning

Nahezu täglich berichten Polizeistationen in Deutschland von Betrugsfällen, bei denen die Opfer häufig hohe Geldbeträge verloren haben. Der Enkeltrick via WhatsApp-Nachricht ging jüngst durch die Medien. Aber dies ist aktuell nur eine von zahlreichen kriminellen Methoden, um potenziellen Opfern Geld zu entlocken. Eine derzeit beliebte Masche ist das sogenannte Voice Cloning oder auch Audio-Deepfake, bei dem Kriminelle Künstliche Intelligenz (KI) verwenden, um die Stimme von Familienmitgliedern zu imitieren. Dies führt dazu, dass ahnungslose Angehörige unter emotionalen Druck geraten, wenn sie tatsächlich glauben, am anderen Ende der Leitung sei ihr Kind beispielsweise in einer Notsituation und braucht dringend Hilfe. Doch wie kommen die Täter überhaupt an die Stimmen und die passenden Verwandten dazu? Und wie funktioniert die Masche genau?

Was ist Voice Cloning?

Voice Cloning ist eine Technologie, die es ermöglicht, menschliche Stimmen mithilfe von KI-Algorithmen nachzuahmen. Dabei wird die KI mit einer ausreichenden Menge an Audioaufnahmen einer bestimmten Person trainiert, um deren Stimmnuancen und Sprechmuster zu erfassen. Sobald die KI ausreichend Daten gesammelt hat, kann sie die Stimme dieser Person imitieren und beliebige Texte in derselben Stimme sprechen lassen. Dies eröffnet zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten für Kriminelle.

Wie nutzen Betrüger die Methode?

Kriminelle haben erkannt, dass Voice Cloning eine effektive Methode ist, um ihre Betrugsversuche noch überzeugender zu gestalten. Um dieses Verbrechen zu begehen, benötigen sie zunächst Aufnahmen der Stimmen ihrer potenziellen Opfer – normalerweise Familienmitglieder wie Kinder oder Enkelkinder. Hier kommen das Internet und die weitverbreitete Nutzung sozialer Medien ins Spiel. Über Plattformen wie TikTok, Facebook, Instagram oder YouTube lassen sich oft zahlreiche Aufnahmen von Menschen finden.

Die Betrüger können diese Aufnahmen sammeln und mithilfe von Voice Cloning-Software die Stimmen der Opfer imitieren. Auf diese Weise sind sie in der Lage, Anrufe zu tätigen oder Nachrichten senden, die so überzeugend klingen, dass die betroffenen Angehörigen keinen Grund zur Skepsis haben. Sie könnten beispielsweise behaupten, in einer Notlage zu sein, und dass sie dringend finanzielle Hilfe benötigen. Die Tatsache, dass die Stimme des Anrufers der des geliebten Kindes oder Enkelkindes gleicht, verstärkt den emotionalen Druck auf die Opfer.

Wie kommen die Kriminellen an die Familienangehörigen der Stimmen?

Soziale Medien: Die meisten Menschen teilen viele persönliche Informationen auf sozialen Medienplattformen. Kriminelle können diese Profile durchsuchen, um Details über die Familie eines Opfers zu finden. Dazu zählen: Namen, Beziehungen und häufige Aktivitäten.

Phishing-Angriffe: Es lassen sich Phishing-E-Mails oder -Nachrichten einsetzen, um sensible Informationen von potenziellen Opfern zu stehlen. Diese Informationen könnten auch Details über Familienmitglieder enthalten.

Online-Datenlecks: Datenlecks und Sicherheitsverletzungen in verschiedenen Online-Diensten machen Kriminellen den Zugriff auf persönliche Informationen über Nutzende und ihre Familien einfacher.

Telefondienstleister: In einigen Fällen könnten Kriminelle versuchen, Informationen von Telefondienstleistern oder Mobilfunkanbietern zu erhalten, um die Verbindung zu den Verwandten eines Opfers herzustellen.

Abhören von Gesprächen: Obwohl weniger häufig, können Betrüger auch auf illegale Weise Telefongespräche oder andere private Kommunikation abhören, um Informationen über Familienmitglieder zu erhalten.

Wie schützt man sich vor Voice Cloning-Betrug?

Niemand ist jedoch schutzlos den Machenschaften der Angreifer ausgeliefert. Es gibt kluge Schritte, die ergriffen werden können, um sich effektiv zu schützen:

Verifizieren von Anrufen und Nachrichten: Bei unerwarteten Mitteilungen von Familienmitgliedern – insbesondere in finanziellen Angelegenheiten – ist Vorsicht geboten. Zusätzliche Informationen sollten angefordert oder die Identität des Anrufers durch das Stellen persönlicher Fragen überprüft werden. Diese kann nur das echte Familienmitglied beantworten.

Informieren der Angehörigen: Die Familie sollte über die Gefahren von Voice Cloning-Betrug informiert und dazu ermutigt werden, persönliche Informationen nicht leichtfertig in sozialen Medien preiszugeben. Zudem sollte insbesondere älteren Menschen erklärt werden, wie Kriminelle mithilfe von KI-Technologien die Stimmen von Bekannten und Verwandten nachahmen können, um Vertrauen zu erwecken und persönliche Informationen zu erschleichen. Ältere Familienmitglieder sind oft weniger vertraut mit den neuesten sozialen Medien und aktuellen Betrugsmaschen, weshalb sie anfälliger für diese Arten von Täuschungen sein können und daher besondere Aufklärung benötigen.

Sichern der Profile: Eigene Social Media-Profile sollten überprüft und der Zugriff auf persönliche Informationen sollte beschränkt werden. Bei Bedarf ist es hilfreich, sensible Inhalte zu löschen oder auf „privat“ zu setzen. Zudem empfiehlt sich die Zwei-Faktor-Authentifizierung, wo immer möglich. Dies stellt sicher, dass selbst wenn jemand das Passwort kennt, er immer noch einen zweiten Verifizierungsschritt benötigt, um auf ein fremdes Konto zuzugreifen.

Verwenden von sicheren Kommunikationsmitteln: Verschlüsselte Messaging-Apps (z.B. Threema, Signal und Wickr Me) unterstützen dabei, Informationen vertraulich auszutauschen. Diese Apps verwenden komplexe Verschlüsselungstechnologien, die Nachrichten in undurchdringliche Codes umwandeln. Das bedeutet, dass selbst wenn Angreifer Zugang zu Nachrichten erhalten, diese nicht ohne den richtigen Entschlüsselungsschlüssel gelesen werden können.

Fazit:

Voice Cloning-Betrug ist ein alarmierendes Beispiel dafür, wie KI-Technologien für kriminelle Zwecke missbraucht werden können. Die Aufklärung über diese Gefahr und die Sensibilisierung der Öffentlichkeit sind entscheidend, um sich und die Angehörigen vor solchen Betrugsversuchen zu schützen. Es ist entscheidend, ungewöhnliche Anfragen oder Nachrichten zu hinterfragen. Auch wenn sie auf den ersten Blick vertraut erscheinen, können sie in Wirklichkeit eine gefährliche Täuschung darstellen. Eine gesunde Skepsis, wenn es um die Offenlegung persönlicher Informationen geht, minimiert die Erfolgschancen der Kriminellen enorm. Denn diese leben von der Gutgläubigkeit des Gegenübers.

Nach oben scrollen